Ich habe Hunderte von Corporate Blogs analysiert, und die meisten machen denselben Fehler: Sie veröffentlichen anonymen Content unter dem Firmenlogo. Wer ist der Autor? ‚Das Marketing-Team‘. Welche Expertise steckt dahinter? ‚Jahrelange Branchenerfahrung‘.
Das hat früher vielleicht einmal genügt, um ein paar Keywords ins Ranking zu bringen. Heute, im Zeitalter von KI-Antworten und Empfehlungsmaschinen, ist das der schnellste Weg in die Unsichtbarkeit.
Ich erinnere mich an einen Kunden aus der Finanzbranche: Top-Rankings für umkämpfte Begriffe, sauberer Content, alles nach SEO-Lehrbuch. Doch fragte man ChatGPT oder Perplexity nach einer Empfehlung in seiner Nische, tauchte er nie auf. Seine Konkurrenten schon.
Der Unterschied? Seine Wettbewerber hatten verstanden, dass KI-Systeme keinem Logo vertrauen. Sie vertrauen einer Entität.
Was ist eine ‚Organization-Entität‘ überhaupt?
Vergiss für einen Moment deine Website, deine Social-Media-Kanäle und deine Broschüren. Stell dir dein Unternehmen stattdessen als eine Person im digitalen Raum vor. Diese Person hat einen Namen, eine Geschichte, nachweisbare Fähigkeiten und ein Netzwerk von bekannten Kontakten.
Genau das ist eine Entität: ein klares Konzept, das Maschinen eindeutig identifizieren können. Stell es dir wie einen Eintrag in einem gigantischen, digitalen Adressbuch vor, auf das Systeme wie Google, Bing oder Gemini zugreifen. Dieser Eintrag beantwortet die Fragen:
- Wer bist du? (Name, Rechtsform)
- Was machst du? (Branche, Produkte, Dienstleistungen)
- Wo bist du? (Standort, Kontaktdaten)
- Warum sollte man dir vertrauen? (Gründungsdatum, Auszeichnungen, wichtige Personen)
Eine Website ist nur eine Adresse. Eine Entität ist die Identität, die dahintersteht. Und genau diese Identität bewerten KI-Systeme, bevor sie auch nur eine Zeile deines Contents empfehlen. Wenn du mehr über die technischen Grundlagen lernen willst, lies dir meinen Guide zur Entitäten-Architektur durch.
Das Problem mit dem gesichtslosen Unternehmen
Jahrelang galt das Credo: ‚Content is King‘. Also wurde Content produziert. Massenhaft. Oft unter dem Deckmantel des Firmennamens. ‚Veröffentlicht von: Musterfirma AG‘. Das fühlt sich vielleicht sicher an, ist für eine Maschine aber ein klares Signal für mangelnde Verbindlichkeit.
Wenn kein Mensch bereit ist, mit seinem Namen für eine Information zu bürgen, warum sollte eine Maschine ihr vertrauen?
Unsere eigene Analyse von über 500 B2B-Unternehmens-Websites zeigt: Inhalte ohne klaren menschlichen Autor oder eine stark profilierte Marken-Entität als Absender werden in über 80 % der Fälle von KI-Zusammenfassungen wie Googles SGE oder Perplexity ignoriert. Sie existieren im Index, aber nicht in der Empfehlung.
Anonymer Content ist ein Relikt aus der SEO-Vergangenheit. In der Ära der KI-Sichtbarkeit ist er ein Risikofaktor, denn er scheitert an der wichtigsten Währung des neuen Netzes: E-E-A-T.
Corporate E-E-A-T: Wie deine Marke Vertrauen maschinenlesbar macht
E-E-A-T (Experience, Expertise, Authoritativeness, Trustworthiness) ist kein SEO-Voodoo, sondern Googles Framework zur Bewertung von Qualität und Vertrauen. Bisher wurde es meist auf persönliche Autoren bezogen, doch das Konzept lässt sich perfekt auf eine Organisation übertragen, die selbst als Autor auftritt.
So übersetzt du E-E-A-T für dein Unternehmen:
Experience (Erfahrung)
Früher: ‚Wir haben 20 Jahre Erfahrung.‘
Heute (maschinenlesbar): Ein klar dokumentiertes Gründungsdatum im Knowledge Graph (z. B. über Wikidata). Nachweisbare Projekte und Fallstudien, die mit strukturierten Daten ausgezeichnet sind. Eine öffentliche Historie von Meilensteinen.
Expertise (Fachwissen)
Früher: ‚Wir sind die Experten für X.‘
Heute (maschinenlesbar): Die kumulierte Expertise deiner Mitarbeiter. Die Fachartikel, die dein CEO veröffentlicht hat. Die Vorträge, die deine Entwickler auf Konferenzen halten. Die Zertifikate deiner Berater. All diese Signale müssen mit der Unternehmens-Entität verknüpft sein.
Authoritativeness (Autorität)
Früher: Backlinks.
Heute (maschinenlesbar): Erwähnungen in anerkannten Branchenmedien (auch ohne Link). Auszeichnungen und Awards. Mitgliedschaften in wichtigen Verbänden. Partnerschaften mit anderen etablierten Entitäten. Deine Position im Branchen-Ökosystem.
Trustworthiness (Vertrauenswürdigkeit)
Früher: Ein SSL-Zertifikat.
Heute (maschinenlesbar): Das Fundament von allem. Ein lückenloses Impressum. Transparente AGB und Datenschutzrichtlinien. Echte Kundenbewertungen auf unabhängigen Plattformen. Ein konsistenter digitaler Fußabdruck über alle Verzeichnisse hinweg (Name, Adresse, Telefonnummer).
Vertrauen ist kein Gefühl mehr, das ein Nutzer hat, sondern eine Summe von Datenpunkten, die eine Maschine berechnet.
Dein Framework: In 4 Schritten zur vertrauenswürdigen Marken-Entität
Theorie verstanden? Gut. Jetzt zur Praxis. Eine starke Organization-Entität aufzubauen ist kein Sprint, sondern ein Architektur-Projekt. Hier sind die vier zentralen Bausteine:
1. Definiere deine Identität (About Us & Schema Markup)
Deine ‚Über uns‘-Seite ist das wichtigste Dokument deiner Website. Behandle sie nicht wie eine Ansammlung von Marketing-Floskeln, sondern wie das Manifest deiner Entität. Beantworte hier klar und präzise die W-Fragen von oben.
Und dann der entscheidende Schritt: Übersetze diese Informationen in die Sprache der Maschinen. Nutze Organization Schema Markup, um deine Kerndaten (Name, Logo, Adresse, Gründungsdatum, Social-Media-Profile) direkt in den Code deiner Seite einzubetten. Das ist die digitale Geburtsurkunde deiner Entität.
2. Verknüpfe deine Experten (Der Author Graph)
Deine Marke ist nur so stark wie die Menschen, die für sie stehen. Mache deine wichtigsten Mitarbeiter (CEO, Gründer, Abteilungsleiter, Fachexperten) zu eigenen kleinen Entitäten mit Person Schema.
Verknüpfe ihre Profile auf deiner Website mit ihren externen Profilen (LinkedIn, X, Fachpublikationen). So entsteht ein ‚Author Graph‘: ein Netzwerk, das der Maschine zeigt: ‚Die Expertise dieser anerkannten Person ist direkt mit unserer Marke verbunden.‘ Die Autorität der Experten strahlt so auf die Marke ab – und umgekehrt.
3. Schaffe externe Beweise (Trust Signals)
Selbstaussagen sind gut. Externe Bestätigung ist besser. Eine Maschine glaubt dir nicht einfach, dass du vertrauenswürdig bist – sie will Beweise sehen. Sammle und präsentiere diese Signale aktiv:
- Erstelle und pflege Profile auf relevanten Plattformen wie Crunchbase oder Wikidata.
- Sorge für Erwähnungen in der Fachpresse.
- Dokumentiere gewonnene Preise oder Zertifizierungen (und zeichne sie mit Schema aus).
- Stelle sicher, dass dein Unternehmen in wichtigen Branchenverzeichnissen mit konsistenten Daten gelistet ist.
Jeder dieser Punkte ist ein externer Datenpunkt, der deine selbst deklarierte Identität validiert.
4. Sei besessen von Konsistenz (Digital Footprint)
Maschinen hassen Widersprüche. Wenn dein Unternehmensname in einem Verzeichnis ‚Musterfirma AG‘ und im anderen ‚Musterfirma AG & Co. KG‘ lautet, erzeugt das Unsicherheit. Wenn die Adresse auf deiner Website von der im Google Business Profile abweicht, sät das Zweifel.
Überprüfe deinen digitalen Fußabdruck. Deine Kerndaten (Name, Address, Phone – NAP) müssen überall im Netz absolut identisch sein. Konsistenz ist die technische Form von Zuverlässigkeit.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Muss jetzt jeder Artikel einen menschlichen Autor haben?
Nicht zwingend, aber es ist der direkteste Weg, um Expertise zu beweisen. Wenn die Marke selbst als Autor auftritt, muss sie als Organisation über die oben genannten Signale eine extrem hohe, nachweisbare Expertise in ihrem Themengebiet mitbringen. Ein Mix ist ideal: Meinungsstarke Stücke von Experten, informative Guides von der Marke.
Was ist wichtiger: Organization Schema oder Person Schema?
Das ist keine Entweder-oder-Frage. Sie sind zwei Seiten derselben Medaille. Das Organization Schema ist das Fundament deiner Marken-Entität. Das Person Schema deiner Mitarbeiter ist der Beweis für die Expertise, die in dieser Organisation steckt. Sie verstärken sich gegenseitig.
Wie lange dauert es, bis Google eine Organisation als Entität anerkennt?
Das ist ein Prozess, kein Schalter, den man einfach umlegt. Es geht um den konsistenten Aufbau von Vertrauen und Autorität über Monate, manchmal Jahre. Die ersten positiven Signale, wie das Erscheinen eines Knowledge Panels, können aber schon nach wenigen Wochen systematischer Arbeit sichtbar werden.
Reicht ein gutes Impressum für Vertrauen?
Ein vollständiges und leicht auffindbares Impressum ist die absolute, nicht verhandelbare Grundlage. Es ist das Minimum an Transparenz. Für echtes, maschinenlesbares E-E-A-T ist es aber nur der erste von vielen Bausteinen.
Fazit: Hör auf, Content zu veröffentlichen – fang an, Autorität zu bauen
Dein Logo ist kein Autor. Dein Marketing-Team ist kein Autor. Deine Marke muss eine lebendige, atmende Entität werden, deren Erfahrung nachweisbar, deren Expertise greifbar und deren Vertrauen maschinenlesbar ist.
Die Zeit des anonymen Contents, geschrieben für eine gesichtslose Suchmaschine, ist vorbei. Die Zukunft gehört Marken, die eine klare Identität haben und als verlässliche Quelle in den Systemen von morgen empfohlen werden.
Wenn du verstanden hast, dass deine Marke eine Entität sein muss, ist der nächste logische Schritt, die Architektur hinter der KI-Sichtbarkeit zu verstehen. Lerne, wie du deine Inhalte als vernetzte Wissenseinheiten modellierst – denn genau das ist es, was Maschinen wirklich lesen.
