Plattform-Benchmark: Warum Google SGE uns zitiert – und Gemini ignoriert

Ich saß vor den Ergebnissen und dachte: Das kann nicht sein. Dasselbe Projekt, derselbe perfekt strukturierte Content. In Googles Search Generative Experience (SGE) werden wir prominent als Quelle zitiert – der Beweis für saubere Arbeit. Und in Gemini, Googles eigenem KI-Modell? Völlige Funkstille. Unsichtbar.

Dieser Moment war eine Offenbarung. Der Beweis, dass dein gesamtes SEO-Wissen dich in der KI-Ära nicht nur ausbremst, sondern aktiv in die Irre führen kann.

Wir optimieren nicht mehr für eine Suchmaschine. Wir kämpfen um Relevanz in einem Dutzend KI-Gehirnen, die alle nach eigenen Regeln spielen. Willkommen in der neuen Realität der KI-Sichtbarkeit.

Ein Asset, vier Systeme: Das Experiment

Um diese neue Fragmentierung greifbar zu machen, starteten wir ein Experiment. Wir erstellten ein hoch relevantes, datengestütztes Content-Asset – vollgepackt mit Fakten, klar strukturiert und semantisch optimiert. Anschließend konfrontierten wir vier führende KI-Systeme mit derselben Frage, die unser Asset beantwortet.

Das Ergebnis war ebenso ernüchternd wie lehrreich.

(IMAGE: Vergleichsgrafik KI-Sichtbarkeit – SGE vs. Perplexity vs. ChatGPT vs. Gemini)

Die Grafik zeigt auf einen Blick: Sichtbarkeit ist relativ. Eine Top-Performance in einem System garantiert in einem anderen absolut nichts. Schlüsseln wir die Ergebnisse im Detail auf.

Google SGE: Der erwartete Sieg auf heimischem Boden

In Google SGE wurde unser Asset wie erwartet als eine der Hauptquellen für die generierte Antwort zitiert – keine Überraschung. SGE ist tief in die klassische Google-Suche integriert. Es greift auf den bekannten Index zurück und bewertet Quellen nach Signalen, die wir seit Jahren kennen: E-E-A-T (Experience, Expertise, Authoritativeness, Trustworthiness), eine saubere On-Page-Struktur und eine starke semantische Verknüpfung im Knowledge Graph.

(IMAGE: Screenshot Google SGE Zitat)

Hier zahlte sich unsere Arbeit an einer klaren Entitäten-Architektur aus. Google hat nicht nur Keywords erkannt, sondern das Konzept hinter dem Content verstanden und unsere Seite als relevante Wissenseinheit eingestuft. Für jeden erfahrenen SEO ist das ein gewohnter Erfolg. Doch genau hier beginnt die Falle.

Perplexity AI: Die Logik des Bibliothekars

Perplexity hat sich als ‚Antwortmaschine‘ positioniert und legt extremen Wert auf die Nachvollziehbarkeit seiner Quellen. Auch hier wurden wir als Zitat verwendet. Warum? Weil Perplexity Inhalte zu lieben scheint, die faktenbasiert, gut belegt und neutral formuliert sind. Es verhält sich wie ein digitaler Bibliothekar, der die fundiertesten Quellen für eine Recherche zusammenstellt. Akademische Studien, offizielle Berichte und datenreiche Artikel haben hier oft einen Vorteil. Unser Asset passte perfekt in dieses Schema.

ChatGPT: Die Blackbox der erlernten Autorität

Bei ChatGPT wurde es schon schwieriger. In der Standardversion ohne Live-Browsing tauchte unser Asset nicht auf. Das ist logisch: ChatGPTs Wissen basiert auf den Trainingsdaten, mit denen es gefüttert wurde. Ein einzelner, neuer Artikel kann diese massive Wissensbasis kaum beeinflussen. Um hier zitiert zu werden, muss eine Marke oder ein Autor über Jahre hinweg als fundamentale Autorität im Trainingsdatensatz verankert sein. Es geht nicht um die Optimierung einer Seite, sondern um den Aufbau einer Reputation, die so stark ist, dass sie zum Allgemeinwissen der KI wird.

Gemini: Googles anderes Gehirn und unser größtes Learning

Und dann kam Gemini. Googles eigenes, separates KI-Modell. Hier war das Ergebnis ein Totalausfall: keine Erwähnung, kein Zitat, keine Sichtbarkeit.

(IMAGE: Screenshot Gemini keine Nennung)

Wie kann das sein? Wie kann Googles SGE uns als Autorität einstufen, während Googles Gemini uns komplett ignoriert? Die Antwort ist der Kern des Problems: SGE und Gemini sind nicht dasselbe System. Sie nutzen nicht nur unterschiedliche Modelle und verfolgen andere Ziele – sie bewerten Inhalte auch nach völlig eigenen Kriterien.

Unsere Hypothese:

  • Andere Datenpriorisierung: Gemini greift möglicherweise auf andere Daten-Pipelines zu als die klassische Websuche. Vielleicht bevorzugt es dialogorientierte Formate oder Quellen, die in anderen Kontexten (z. B. Foren, sozialen Netzwerken) als hilfreich bewertet wurden.

  • Anderes Trust-Modell: Die für die Websuche und SGE etablierten Vertrauenssignale könnten für Gemini eine geringere Rolle spielen. Es könnte ein eigenes, internes Reputations-Scoring geben, in dem wir noch nicht relevant sind.

  • Kontext-Mismatch: Vielleicht war die Art, wie wir unsere Informationen strukturiert haben, perfekt für eine SGE-Zusammenfassung, aber nicht für den konversationellen Ansatz von Gemini.

Das ist die Lektion: Wir haben nicht für ‚Google‘ optimiert. Wir haben erfolgreich für einen Teil von Google optimiert. Und das reicht nicht mehr.

Die Lektion: KI-Sichtbarkeit ist kein Monolith

Wer heute noch von ‚SEO‘ spricht, denkt in der Logik von gestern. Die Zukunft gehört denen, die verstehen, dass jedes KI-System ein eigener Gatekeeper mit einer eigenen Agenda ist. Deine Aufgabe ist es nicht mehr, ein Ranking zu erobern, sondern in den relevanten Systemen zur vertrauenswürdigen Quelle für Antworten zu werden.

Daraus ergeben sich drei Grundprinzipien für die neue Ära:

  1. System-spezifische Relevanz: Vergiss die ‚One-size-fits-all‘-Optimierung. Analysiere, welches KI-System deine Zielgruppe nutzt, und passe deine Content-Struktur, Tonalität und Datenaufbereitung an dessen Logik an.

  2. Architektur vor Inhalt: Eine Ansammlung von Blogartikeln ist wertlos. Was zählt, ist eine vernetzte Wissensarchitektur. KI-Systeme lesen keine Texte, sie parsen Daten und Beziehungen. Eine saubere Entitäten-Architektur ist die technische Grundlage dafür, dass deine Inhalte überhaupt als Wissen verstanden werden.

  3. Markenautorität als Währung: Langfristig gewinnt nicht der beste Artikel, sondern die glaubwürdigste Marke. Jedes Zitat, jede positive Erwähnung und jeder Beleg für deine Expertise zahlt auf das Konto deiner Reputation ein. Dein Ziel muss es sein, eine maschinenlesbare Marke zu werden – mit einer Autorität, die für eine KI messbar und unbestreitbar ist.

Der blinde Fleck bei Gemini war für uns kein Scheitern, sondern die wichtigste Erkenntnis des Jahres. Er hat uns gezwungen, über die Grenzen des klassischen SEO hinauszudenken und ein System für eine fragmentierte KI-Welt zu bauen.

Häufige Fragen (FAQ) zur KI-Sichtbarkeit

Was ist der Unterschied zwischen SEO und KI-Sichtbarkeit?

Traditionelles SEO konzentriert sich darauf, in der Rangliste der Suchergebnisse möglichst weit oben zu erscheinen. KI-Sichtbarkeit hingegen zielt darauf ab, von KI-Systemen wie ChatGPT, Perplexity oder Google SGE als vertrauenswürdige Quelle für generierte Antworten ausgewählt und zitiert zu werden. Es ist der Wechsel von ‚Ranking gewinnen‘ zu ‚Antwort werden‘.

Warum ignorieren mich KI-Systeme, obwohl ich bei Google gut ranke?

Wie unser Experiment zeigt, sind gute Rankings in der klassischen Suche kein Garant für Sichtbarkeit in KI-Modellen. Jedes System hat eigene Kriterien. Während Google Rankings stark auf Backlinks und etablierten Domain-Faktoren basieren, bewerten KIs möglicherweise die Klarheit der Daten, die Reputation des Autors oder die Gesprächsqualität des Inhalts höher.

Reichen gute Inhalte nicht mehr aus?

Der Begriff ‚gute Inhalte‘ muss neu definiert werden. Ein für Menschen brillant geschriebener Text kann für eine Maschine ein unstrukturiertes Chaos sein. ‚Gut‘ im KI-Zeitalter bedeutet maschinenlesbar. Das schließt eine saubere semantische Struktur (Entitäten) ebenso ein wie die Verknüpfung von Datenpunkten und klare Signale für Vertrauenswürdigkeit (Trust).

Wie fange ich an, für KI-Systeme zu optimieren?

Der erste Schritt ist ein Umdenken. Hör auf, in einzelnen Keywords und Seiten zu denken. Beginne damit, dein Unternehmen und dein Wissen als ein System verbundener Entitäten zu betrachten. Strukturiere deine Inhalte so, dass eine Maschine nicht nur lesen, sondern verstehen kann, worum es geht, wer du bist und warum man dir vertrauen sollte.

Dein Kompass für die neue Sichtbarkeit

Die Zeit, in der man mit ein paar technischen Tricks und guten Texten auf Platz 1 kommen konnte, ist endgültig vorbei. Der neue Wettbewerb ist subtiler, komplexer und unerbittlicher: Es ist der Kampf um die glaubwürdigste Antwort.

Und das Beunruhigende ist: Jede KI entscheidet für sich allein, wem sie glaubt. Unsere Aufgabe ist es nicht mehr, einen Algorithmus zu überlisten, sondern eine Reputation aufzubauen, die so stark ist, dass sie von jeder Maschine als Fakt anerkannt wird. Wer das jetzt nicht versteht, wird bald in keinem System mehr eine Rolle spielen.